Eine Analyse zum Begriff Besessenheit
Bei unserer Recherche sind wir auf den Aufsatz „Ergriffenheit, Erfülltheit und Besessenheit im psychiatrischen Erfahrungsbereich“ von Jürg Zutt gestoßen. Zutt erläutert die drei Begriffe so:
„Ich verstehe hier Erfülltheit und Besessenheit als unterscheidbare Steigerungen der Ergriffenheit. Erfülltheit ist Steigerung der Ergriffenheit durch das Liebenswerte, durch das Schöne, das Gute, das Wahre, das Göttliche. Solche Ergriffenheit kann zu Freude, Rausch und Ekstase führen. Besessenheit ist aber Steigerung der Ergriffenheit durch das Häßliche, das Böse, das Feindliche, das Falsche, das Teuflische. Solche Ergriffenheit führt zu Angst, Entsetzen und zum Erstarren.“ (S.11)
Die Erläuterung, dass Besessenheit durch das Hässliche, das Böse und das Feindliche hervorgerufen wird erachten wir als falsch. Genauso wie die strikte Unterscheidung zwischen Erfülltheit und Besessenheit, die nach Zutt’s begrifflicher Erläuterung eindeutig ist. Die Kritik soll an einem Romanbeispiel belegt werden. Und zwar an dem Roman „Das Parfum“ von Patrick Süskind. Der Protagonist Jean-Baptiste Grenouille ist fasziniert von Gerüchen und ist erpicht darauf und fast schon besessen, DAS Parfüm überhaupt zu kreieren. Wenn man Grenouille nach Zutt’s Definition analysiert kommt man darauf, dass er eine Erfülltheit durch das Schöne erfährt, nämlich durch angenehme Gerüche. Die Gerüche erzeugen, wenn man die Erklärungen von Zutt darauf anwendet, eine Ektase bzw. einen Rausch bei Grenouille. Jedoch ist dieser Rausch auch der Antrieb für schlimme Taten – in dem Fall Mord. Jetzt stellt sich die Frage, in wie weit die Besessenheit, die durch das Böse ausgelöst wird, hier ins Spiel kommt. Wir schlossen daraus, dass die Besessenheit, die durch das Böse ausgelöst wird, aus dem Wunsch nach Erfülltheit durch das Schöne resultiert. Was in einer weiteren Schlussfolgerung heißen könnte: Die Besessenheit Grenouille’s wird durch das Schöne bewirkt. Somit wird Zutt’s Unterscheidung unzulässig und die strikten Grenzen zwischen Erfülltheit und Besessenheit sind verschwunden.
Im Allgemeinen und im modern-kulturellen Kontext betrachtet, denken wir, dass der traditionelle Begriff der Besessenheit (von einem Dämon besessen sein) auf unseren Kulturkreis nicht mehr zutrifft. Dazu möchten wir ebenfalls ein Zitat von Jürg Zutt’s Aufsatz „Ergriffenheit, Erfülltheit und Besessenheit im psychiatrischen Erfahrungsbereich“ anführen, an dem wir unsere These erläutern.
„So ergreift uns die Natur nicht mehr so, wie sie Menschen früherer Kulturen ergriffen hat und Menschen uns fremder Kulturen noch heute ergreift. Wir sind von ihren Mächten nicht mehr in gleicher Weise wie jene ergriffen, erfüllt oder besessen. Wir sind es, die ergreifen und eingreifen.“ (S.13)
Dieses Zitat bringt unsere Auffassung auf den Punkt und zwar, dass die Menschen heutzutage und in unserer Kultur den Besessenheitsbegriff nochmal neu überdenken und eventuell eine moderne Definition dafür finden müssten. In unserer „westlichen“ und modernen Kultur scheint sich Besessenheit meist durch einen Aspekt auszumachen: Der Aspekt etwas besitzen bzw. haben zu wollen. Ein starkes Verlangen, dass Menschen dazu bewegt Dinge zu tun, die in der Gesellschaft keine Akzeptanz finden. Dazu möchten wir das Beispiel des Phänomens „Stalker“ anführen. Ein Stalker ist eine Person, die anderen Personen nachstellt und diese verfolgt. Da Stalking in unserer Gesellschaft keine Akzeptanz findet und sogar als Straftatdelikt eingestuft wird, meint man dass das Verhalten eines Stalkers „gestört“ sei und spricht ihm zu, dass er nach der Person die er verfolgt besessen ist. Die These von Zutt, dass wir es sind die ergreifen und eingreifen, spiegelt das Stalking-Phänomen nur wieder. Denn wir sind nicht mehr von etwas besessen, sondern wir sind nach etwas besessen und wir lassen uns nicht mehr von etwas ergreifen sondern wir ergreifen etwas.
Quelle: Jürg Zutt (Hg.), Ergriffenheit und Besessenheit – Ein interdisziplinäres Gespräch über transkulturell-anthropologische und –psychiatrische Fragen, Bern: Francke Verlag 1972
„Ich verstehe hier Erfülltheit und Besessenheit als unterscheidbare Steigerungen der Ergriffenheit. Erfülltheit ist Steigerung der Ergriffenheit durch das Liebenswerte, durch das Schöne, das Gute, das Wahre, das Göttliche. Solche Ergriffenheit kann zu Freude, Rausch und Ekstase führen. Besessenheit ist aber Steigerung der Ergriffenheit durch das Häßliche, das Böse, das Feindliche, das Falsche, das Teuflische. Solche Ergriffenheit führt zu Angst, Entsetzen und zum Erstarren.“ (S.11)
Die Erläuterung, dass Besessenheit durch das Hässliche, das Böse und das Feindliche hervorgerufen wird erachten wir als falsch. Genauso wie die strikte Unterscheidung zwischen Erfülltheit und Besessenheit, die nach Zutt’s begrifflicher Erläuterung eindeutig ist. Die Kritik soll an einem Romanbeispiel belegt werden. Und zwar an dem Roman „Das Parfum“ von Patrick Süskind. Der Protagonist Jean-Baptiste Grenouille ist fasziniert von Gerüchen und ist erpicht darauf und fast schon besessen, DAS Parfüm überhaupt zu kreieren. Wenn man Grenouille nach Zutt’s Definition analysiert kommt man darauf, dass er eine Erfülltheit durch das Schöne erfährt, nämlich durch angenehme Gerüche. Die Gerüche erzeugen, wenn man die Erklärungen von Zutt darauf anwendet, eine Ektase bzw. einen Rausch bei Grenouille. Jedoch ist dieser Rausch auch der Antrieb für schlimme Taten – in dem Fall Mord. Jetzt stellt sich die Frage, in wie weit die Besessenheit, die durch das Böse ausgelöst wird, hier ins Spiel kommt. Wir schlossen daraus, dass die Besessenheit, die durch das Böse ausgelöst wird, aus dem Wunsch nach Erfülltheit durch das Schöne resultiert. Was in einer weiteren Schlussfolgerung heißen könnte: Die Besessenheit Grenouille’s wird durch das Schöne bewirkt. Somit wird Zutt’s Unterscheidung unzulässig und die strikten Grenzen zwischen Erfülltheit und Besessenheit sind verschwunden.
Im Allgemeinen und im modern-kulturellen Kontext betrachtet, denken wir, dass der traditionelle Begriff der Besessenheit (von einem Dämon besessen sein) auf unseren Kulturkreis nicht mehr zutrifft. Dazu möchten wir ebenfalls ein Zitat von Jürg Zutt’s Aufsatz „Ergriffenheit, Erfülltheit und Besessenheit im psychiatrischen Erfahrungsbereich“ anführen, an dem wir unsere These erläutern.
„So ergreift uns die Natur nicht mehr so, wie sie Menschen früherer Kulturen ergriffen hat und Menschen uns fremder Kulturen noch heute ergreift. Wir sind von ihren Mächten nicht mehr in gleicher Weise wie jene ergriffen, erfüllt oder besessen. Wir sind es, die ergreifen und eingreifen.“ (S.13)
Dieses Zitat bringt unsere Auffassung auf den Punkt und zwar, dass die Menschen heutzutage und in unserer Kultur den Besessenheitsbegriff nochmal neu überdenken und eventuell eine moderne Definition dafür finden müssten. In unserer „westlichen“ und modernen Kultur scheint sich Besessenheit meist durch einen Aspekt auszumachen: Der Aspekt etwas besitzen bzw. haben zu wollen. Ein starkes Verlangen, dass Menschen dazu bewegt Dinge zu tun, die in der Gesellschaft keine Akzeptanz finden. Dazu möchten wir das Beispiel des Phänomens „Stalker“ anführen. Ein Stalker ist eine Person, die anderen Personen nachstellt und diese verfolgt. Da Stalking in unserer Gesellschaft keine Akzeptanz findet und sogar als Straftatdelikt eingestuft wird, meint man dass das Verhalten eines Stalkers „gestört“ sei und spricht ihm zu, dass er nach der Person die er verfolgt besessen ist. Die These von Zutt, dass wir es sind die ergreifen und eingreifen, spiegelt das Stalking-Phänomen nur wieder. Denn wir sind nicht mehr von etwas besessen, sondern wir sind nach etwas besessen und wir lassen uns nicht mehr von etwas ergreifen sondern wir ergreifen etwas.
Quelle: Jürg Zutt (Hg.), Ergriffenheit und Besessenheit – Ein interdisziplinäres Gespräch über transkulturell-anthropologische und –psychiatrische Fragen, Bern: Francke Verlag 1972
Evgenija Gutjahr - 28. Mai, 23:40