Mittwoch, 17. Juni 2009

Paranoia und Visionen

Philip K. Dick litt unter Paranoia und hatte verschiedendste Visionen. Er war überzeugt davon, dass sich noch andere Lebensformen in ihm befanden, auf deren Informationen er zugreifen konnte.

"Phil hatte sich nie auf einen Namen für das neue, zweifache Bewusstsein in ihm festgelegt. Am häufigsten verwendete er den Ausdruck „Homoplasmat“ – die Verschmelzung eines Menschen mit einer informationsreichen „plasmatischen“ Lebensform. Außerdem war er der Meinung, daß seine neue Weißheit oder Gnade ihm im Alter von vier Jahren „einprogrammiert“ worden sei und daß sie ihn erlösen werde." (Sutin, 1994, S.320)

Von Ende Februar bis Anfang März des Jahres 1974 hatte Phil eine Reihe von Alpträumen. In diesen Träumen sah er fliegende, drachenähnliche Ungeheuer.
Seine damalige Freundin erzählt von einer Nacht in der sich Phil im Schlaf wie besessen benahm.

„ Eines Nachts erwachte ich vom Geräusch eines zischenden Reptils. Ich setzte mich auf und sah Phil da liegen, der im Schlaf zischte. Aus Furcht, ihn zu berühren, rief ich seinen Namen. Ich hatte Angst und fürchtete mich mit jeder Sekunde mehr. Ich begriff, daß es nicht Phil war, der zischte, sondern einen geistlose Bestie, die seinen Körper übernommen hatten. Ich rief seinen Namen, immer drängender. Endlich hörte er auf zu zischen. Er weinte und begann auf lateinisch zu beten: „ Libera me, Domine“ … Eine halbe Stunde lang wiederholte er das und andere Gebete immer wieder, dann schlief er ein.“

In einem Brief vom Juli 1974 hat Phil die Visionen, die Mitte März einsetzten beschrieben:

„ Dann (…) während ich von Angst und Melancholie überwältigt im Bett lag und schon die fünfte Nacht hintereinander keinen Schlaf finden konnte, sah ich plötzlich wirbelnde Lichter, die sich mit so hoher Geschwindigkeit von mir wegbewegten …“ (Sutin, 1994, S.322)

„ Ich war sicher, daß ein Lebewesen mit mir Verbindung aufnehmen wollte. Ich war sicher, es kam von oben- vielleicht aus dem Himmel. Besonders von den Sternen; ich begann nachts vor die Türe zu gehen und die Sterne zu beobachten, unter dem starken Eindruck, daß Informationen von ihnen ausgingen.“ ( Sutin, 1994, S.323)

Ein Jahr später, im März 1975, beschrieb Phil nochmals die Visionen vom März des letzen Jahres:

"16. März 1974: Es erschien- mit flammendem Feuer, in lebhaften Farben und ausgewogenen Mustern. Und befreite mich von aller Hörigkeit, inne wie außen.
18. März 1974: Es schaute aus meinem Inneren heraus und sah, daß die Welt nicht berechenbar ist, daß ich – und Es- belogen worden waren. Es leugnete die Realität, die Macht und die Authentizität der Welt mit den Worten: „ Das kann nicht existieren; es kann nicht existieren.“
20. März 1974: Es ergriff mich gänzlich, hob mich heraus aus den Beschränkungen der Raum- Zeit- Matrix; es machte sich zum Herrn über mich, während ich zur selben Zeit wußte, daß die Welt um mich herum aus Pappe war, Trug. Durch die Gabe der Wahrnehmung sah ich, was wirklich existierte, und durch seine Gabe der nichtgedanklichen Entscheidung machte ich mich an meine Befreiung.“ (Sutin, 1994; S.324)

Am 20. März begann Phil um sich zu "befreien" mit einem bestimmten Verfahren, dass er das „fotokopierte Sendschreiben“ nannte. Genauere Schilderungen zu diesem Verfahren enthalten Radio Free Albemuth und Valis. Phil hatte den akuten Eindruck, daß etwas die Kontrolle über ihn übernahm und seine Reaktion auf das Sendschreiben steuerte. Phils nachhaltiger Eindruck, daß seine Persönlichkeit übernommen wurde, veranlaßte ihn zu dem erstaunlichen Schritt, nicht nur das FBI, sondern auch die Polizei von Fullerton anzurufen. „ Ich bin eine Maschine“, sage er zu dem Beamten, der das Gespräch entgegennahm – und dann bat er darum, eingesperrt zu werden. Die Polizei unternahm nichts.

Es ist nicht klar zu sagen, ob Philip unter einfachen Wahnvorstellungen litt, oder wirklich von fremden Kräften besessen war, die ihn leiteten. Offensichtlich ist jedoch, dass diese Träume und Visonen verfolgten und somit auch prägten. ich finde es aufregend, dass der Autor seine perönlichen Ängste und Erlebinsse in seine Geschichten verpackt. Egal ob sie nun real oder surreal sind, sie kommen von/ aus ihm.

Quelle: Lawrence Sutin: " Philip K. Dick. Göttliche Überfälle. Eine Biographie von Lawrence Sutin",Frankfurt,Frankfurter Verlagsanstalt, 1994

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